Facebook Home Rehbinder-1Viele haben es live verfolgt: Gestern hat Mark Zuckerberg „Facebook Home“ vorgestellt, eine Smartphone-Oberfläche, die … Moment, habe eben eine Nachricht bekommen…, so. Also, wo war ich? Ah ja. Facebook Home integriert also Messenger-Funktionen aus Facebook und SMS direkt in das Android Betriebssystem. Und zwar so, dass … Moment…, ok, ok, da bin ich wieder.

… Und zwar so, dass die Mitteilungen von Menschen immer an vorderster Stelle stehen, sich also immer prominent über das legen, was das Handy gerade tut. Angenommen Sie spielen gerade, reden gerade, tragen gerade einen Termin in den Kalender ein oder schreiben gerade an einem Blogpost, egal: Wenn Veronika P. aus Ihrer Facebook-Gruppe „Spanisch für Handballer“ fragt, ob jemand einen Friseur in Madrid kennt, dann legt sich das oben über Ihre Startseite oder aktuelle App. Da bleibt Veronikas Bild dann, bis Sie Veronika wegwischen. Oder eben mit ihr kommunizieren. Genauso geht es mit allen anderen Anfragen oder Ansprachen Ihrer Facebook-Kontakte an Sie.

„Denn nicht Apps sind das Zentrum unserer Anliegen, sondern Menschen“, so Zuckerberg. Warum soll ich erst eine App öffnen müssen, wenn ich kommunizieren will? Also lassen wir das weg und legen alles, was mit Kommunikation zu tun hat, direkt in das Herz des Mobilgerätes und damit in das absolute Zentrum der Aufmerksamkeit dessen Benutzers. Ok, kleine Einschränkung: Alles, was mit Facebook-Kommunikation zu tun hat. Und SMS, die nehmen wir meinetwegen noch dazu.

Haben Sie mal an einer langen Schlange gestanden, sagen wir bei einer Behörde? Und als Sie endlich an der Reihe waren und gerade zu reden anfingen, klingelte das Telefon des Beamten? Und wie selbstverständlich wurde Ihnen dieser Anrufer, der nicht anstand, sondern gemütlich zuhause auf seinem Sofa sass, vorgezogen? Ich denke, jeder kennt das Phänomen: Externe Kommunikation hat Vorrang. Und so ist es dann auch inzwischen gang und gäbe, dass wir gar nicht mehr wirklich präsent sind in unserer physischen Umgebung.

Mark Zuckerberg zeigt in seiner Vorführung von Facebook Home, wie er, während er gerade spricht, mit Freunden und Kollegen Termine vereinbart. Das sind bei solchen Vorführungen typischerweise Kino- und Essensverabredungen. Können Sie sich vorstellen, was Zuckerberg und Freunde dann beim Date im Restaurant tun werden? Genau: Jeder wird, für sich in sein Handy vertieft, mit den Freunden kommunizieren, die gerade nicht anwesend sind. Das ist ein Bild, dem wir, auch schon ohne Facebook Home, inzwischen täglich begegnen. Ich selbst nehme mich da nicht aus, ich kann den ersten Stein nicht werfen.

Unser Kommunikationsverhalten, unsere Aufmerksamkeitshygiene, das sind die Herausforderungen der Zukunft. Die Technik geht mit Facebook Home auf die nächste Stufe. Die ist nicht richtig oder falsch, sondern einfach nur logisch. Können wir Menschen, kann unsere eigene Entwicklung damit Schritt halten?

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